München, 23.06.2024

Management by Objectives - echt SMART?

Ist die Methode aus den 50er Jahren noch zeitgemäß und effektiv?
Oft verhindern Führungsfehler den Erfolg der Methode

Was ist Management by Objectives?

Peter Drucker definierte "Management by Objectives" (MbO) erstmals in seinem Buch "The Practice of Management" von 1954. In seiner ursprünglichen Definition beschrieb Drucker MbO als eine Methode, bei der Führungskräfte und Mitarbeitende gemeinsam spezifische Ziele festlegen, die messbar und zeitgebunden sind. Diese Methode soll die Effizienz und Motivation der Mitarbeitenden steigern, indem sie klare Erwartungen setzen und die Beteiligten in den Zielsetzungsprozess einbeziehen.

Der von Drucker ursprünglich definierte Prozess umfasst folgende 6 Schritte:

  1. Zielsetzung durch gemeinsame Abstimmung:
    Führungskräfte und Mitarbeitende definieren gemeinsam spezifische, erreichbare Ziele.
  2. Aktionsplan:
    Beide Parteien entwickeln einen Plan zur Erreichung dieser Ziele.
  3. Individuelle Verantwortung:
    Jeder Mitarbeitende ist für die Erreichung der festgelegten Ziele verantwortlich, was die Selbstverantwortung und das Engagement erhöht.
  4. Durchführung:
    Mitarbeitende arbeiten daran, die Ziele zu erreichen, während Führungskräfte Unterstützung und Ressourcen bereitstellen.
  5. Klare Leistungsmessung:
    Die Ziele sind messbar, sodass die Leistung objektiv bewertet werden kann.
  6. Regelmäßige Überprüfung und Feedback:
    Fortschritte werden regelmäßig überprüft und bewertet, um gegebenenfalls Anpassungen vorzunehmen.
Management by Objectives und SMART Ziele

Quelle: Drucker, P. F. (1954). The Practice of Management. Harper & Row. Management by Objectives (MbO) | Definition, Steps, Benefits & Examples

Wird Management by Objectives (MbO) in der Praxis so gelebt, wie es Drucker definiert hat?

Häufige Fehler, die abweichend von Druckers Modell in der Praxis gemacht werden

Management by Objectives (MbO) ist ein weit verbreitetes Konzept, das jedoch in der Praxis oft von Druckers ursprünglicher Definition abweicht. Druckers Konzept betont die Bedeutung klarer, gemeinsam gesetzter Ziele und regelmäßiger Überprüfung. In der Praxis gibt es jedoch häufig Abweichungen, die die Effektivität der Methode beeinträchtigen können.

Abweichungen in der Praxis
Druckers Ansatz gelebte Praxis
1
Ziele vorgeben oder vereinbaren?
Ziele sollten gemeinsam von Führungskräften und Mitarbeitenden vereinbart werden, um Engagement und Verantwortlichkeit zu fördern. Wissenschaftliche Untersuchungen zeigen: Vereinbarte Ziele haben eine doppelt so hohe Erfolgswahrscheinlichkeit gegenüber vorgegebenen Zielen. Häufig werden Ziele von der Führungsebene top-down vorgegeben, ohne dass Mitarbeitende einbezogen werden. Dies kann zu einem Mangel an Engagement und Motivation führen, denn Mitarbeitende empfinden vorgegebene Ziel häufig als zu unrealistisch und überfordernd.
2
Wie realistisch und konkret sind Zielformulierungen?
Ziele müssen spezifisch, messbar und erreichbar sein. Im Zielvereinbarungsgespräch sollte daher auch Aufwand und die zur Verfügung stehenden Ressourcen wie z.B. Zeit und Budget besprochen werden. Oft werden Ziele zu hoch gesteckt oder zu vage formuliert, was zu Frustration und Ineffizienz führen kann. Über Zeitaufwand und konkrete Termine wird ebenfalls häufig nicht gesprochen.
3
Wie häufig und regelmäßig wird im Alltag über Ziele und Fortschritte gesprochen?
Fortschritte sollten regelmäßig überprüft und bewertet werden, um Anpassungen vorzunehmen und sicherzustellen, dass die Ziele erreicht werden. In vielen Unternehmen fehlt es an einer regelmäßigen Überprüfung der Zielerreichung. Feedback-Schleifen sind oft unzureichend oder finden nicht regelmäßig statt. (Beispiel: Jahreszielvereinbarungsgespräch statt monatliche Updates)
4
Wie sinnhaft ist das verfolgte Ziel?
Ziele sollten sowohl kurzfristige als auch langfristige Aspekte berücksichtigen. Unternehmen konzentrieren sich häufig auf kurzfristige Ziele und vernachlässigen langfristige strategische Ziele, was die nachhaltige Entwicklung beeinträchtigen kann.
5
Wie unterstützen Belohnungssysteme den Zielprozess?
Belohnungen sollten auf der Erreichung der gemeinsam gesetzten Ziele basieren. Belohnungssysteme sind oft nicht ausreichend mit den MbO-Zielen verknüpft, was die Motivation der Mitarbeitenden beeinträchtigen kann.
6
Wieviele Ziele werden gleichzeitig verfolgt?
Sinn eines Ziele ist Fokussierung und Priorisierung. Deshalb sollten Ziele nicht gleichzeitig sondern sequentiell (hintereinander) bearbeitet werden. In der Praxis werden oft zu viele Ziele gleichzeitig gesetzt - teilweise sogar untereinander konkurrierend. Das führt dazu, dass der Fokus und die Priorisierung verloren geht und damit der Sinn des Führens mit Zielen.

Wissenschaftliche Studien und Erkenntnisse

Studien haben gezeigt, dass MbO die Leistung und Motivation der Mitarbeitenden verbessern kann, wenn es richtig umgesetzt wird. Eine Studie von Locke und Latham (2002) betont die Wichtigkeit von spezifischen und herausfordernden Zielen zur Verbesserung der Leistung. Eine weitere Studie von Drucker (2008) zeigt, dass MbO zu höherer Zufriedenheit und Produktivität führt, wenn Mitarbeitende aktiv in den Zielsetzungsprozess eingebunden sind.

Warum die SMART-Formel out ist und die SMARAGD-Formel besser ist

SMART wird SMARAGD

Die klassische SMART-Methode (Spezifisch, Messbar, Erreichbar, Relevant, Zeitgebunden) ist weit verbreitet, aber in modernen Arbeitsumgebungen oft nicht ausreichend. Deshalb habe ich die alte SMART-Regel um drei wichtige, dem aktuellen wissenschaftlichen Stand entsprechende Kriterien ergänzt. Ich nenne die neue Formel "SMARAGD":

S

SichtbarZiele müssen sichtbar und transparent für alle Beteiligten sein, um die Verbindlichkeit zu erhöhen. Das Aufschreiben steigert die Klarheit der Formulierung. Es verhindert Mißverständnisse.
Öffentlich sichtbare Ziele haben eine 30% höhere Erfolgswahrscheinlichkeit! Machen Sie daher Ihre Ziele auf einem Chart, im Kalender oder einem (Kanban-)Board sichtbar!

M

MessbarOhne ein klares Messkriterium ist der Erfolg nicht überprüfbar. Wenn Sie keine Kennzahl haben, sollten Sie beobachtbare Kriterien für die Zielerreichung definieren.
Ein besonderer Effekt des Führens mit Zielen ist die Aussicht auf ein Erfolgserlebnis. Diese steigert die Motivation. dazu sind klare Kriterien erforderlich.

A

AttraktivDie Attraktivität eines Zieles entsteht durch Sinnhaftigkeit und den zu erwarteten Nutzen eines Zieles. Sprechen Sie daher über die Bedeutung Ihrer Vorhaben und dem damit verbundenen Sinn und Nutzen.

R

RealistischPrüfen Sie, ob die erforderlichen Ressourcen ausreichend zur Verfügung stehen. Die wichtigste Ressource ist Zeit. Wieviel Zeit veranschlagen Sie? Haben Sie diese zeitlichen Ressourcen? Planen Sie direkt mit Ihrem Kalender, um Ihr Ziel mit Ihrem Zeitmanagement zu kombinieren.
Ebenfalls wichtig: Befugnisse. Haben Ihre Mitarbeitenden explizit vereinbarte (Entscheidungs-)Befugnisse, um die Ziele ohne Umwege vorantreiben zu können? Ziele, die außerhalb des eigenen Entscheidungsspielraums liegen, sind unrealistisch.

A

AbgestimmtZiele sollte mit den betroffenen Mitarbeitenden vereinbart werden. Eine Vereinbarung ist dann erfolgt, wenn sowohl Führungskraft, als auch Mitarbeitende explizit zugestimmt haben.
Vereinbarte Ziele haben eine doppelt so hohe Erfolgswahrscheinlichkeit als vorgegebene Ziele!

G

GeprüftPrüfen Sie regelmäßig den Fortschritt Ihrer (Zwischen-)Ziele. Nutzen Sie Regeltermine, um den roten Faden zu verfolgen. Frameworks wie z.B. SCRUM sorgen durch regelmäßige Reflexionstermine ("Sprints") dafür, dass Fortschritte erkannt und Fehlentwicklungen oder Hindernisse frühzeitig korrigiert werden.

D

DatiertOhne Termin bzw. konkrete Zeitdefinition ist das noch keine vollständige Zielformulierung, sondern eher ein Wunsch oder eine Idee.
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Fazit

Management by Objectives ist ein mächtiges Führungsinstrument, das jedoch in der Praxis oft nicht in der Weise angewendet wird, wie Drucker es ursprünglich konzipiert hat. Die häufigsten Abweichungen betreffen die top-down Zielsetzung, unrealistische oder vage Ziele, mangelnde Überprüfung, der Fokus auf kurzfristige Ziele und unzureichende Belohnungssysteme. Um die volle Wirkung von MbO zu entfalten, müssen Unternehmen sicherstellen, dass sie die Prinzipien der gemeinsamen Zielsetzung, regelmäßigen Überprüfung und klaren, realistischen Zielsetzungen einhalten.
Die Erweiterung der SMART-Formel zur SMARAGD-Formel bietet zusätzliche Vorteile und trägt zur besseren Umsetzung und Erfolgskontrolle bei.

Quellen:

  1. Locke, E. A., & Latham, G. P. (2002). Building a practically useful theory of goal setting and task motivation: A 35-year odyssey. American Psychologist, 57(9), 705.
  2. Drucker, P. F. (2008). The Essential Drucker: The Best of Sixty Years of Peter Drucker's Essential Writings on Management HarperBusiness.
  3. Drucker, P. F. (2006). The Practice of Management. Harper & Row. Management by Objectives (MbO) | Definition, Steps, Benefits & Examples


Über den Autor:

Tom Senninger
Tom Senninger
Tom Senninger ist Personal- und Organisationsentwickler und führt seit 25 Jahren Führungskräfteentwicklungsprogramme durch.

Mit dem Führungsblog will er einen Beitrag zur Förderung der Führungsqualität in Unternehmen beisteuern.

Weiß & Senninger
Die Führungsprofis
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